Utrecht: In zehn Jahren zur Fahrradstadt der Superlative
In Utrecht sind täglich 125.000 Menschen per Rad in der Innenstadt unterwegs. Im größten Parkhaus der Welt am Utrechter Hauptbahnhof finden 12.500 Fahrräder Platz. Auch Fahrradstraßen, -brücken und breite Radwege laden zum Radfahren ein.
Erklärtes Ziel Utrechts ist es, dem Rad- und Fußverkehr sowie den öffentlichen Verkehrsmitteln Vorrang einzuräumen. Man will ihnen noch mehr Raum bieten und die Radinfrastruktur kontinuierlich ausbauen, um die Stadt zu einem lebenswerten und klimaneutralen Ort zu machen.
Radfahren gehörte, historisch gesehen, lange Zeit zum Alltag in Utrecht. In den 1950er- und 1960er-Jahren begann die Stadt, wie viele andere, eine autofreundliche Zukunft zu planen. Dafür wurden Teile des mittelalterlichen Zentrums abgerissen und neue Straßen gebaut, um Platz für die erwartete Zunahme des Kfz-Verkehrs zu schaffen.
Erste Veränderungen in den 1970er-Jahren
Schon in den 1970er-Jahren begannen jedoch Bürger:innen gegen den damit verbundenen Verlust an Lebensqualität und den Abriss von Häusern zum Bau neuer Kfz-Infrastruktur zu protestieren. Befeuert wurden die Proteste durch die hohe Zahl an Kindern, die bei Autounfällen ums Leben kamen, und durch die Ölkrise. Doch es dauerte bis die „Renaissance“ des Fahrrads in Utrecht tatsächlich eingeleitet wurde.
Im Rückblick waren besonders die von der 2010 gewählten Koalition verabschiedeten Maßnahmenpakete entscheidend: Sie waren Bestandteile des Verkehrsentwicklungsplanes „Traffic Circulation Plan 2010-2015“ und des Aktionsplanes „Utrecht – we all cycle!“. Ihre Umsetzung hat den Anteil des Radverkehrs entscheidend verändert. Allein zwischen 2015 und 2020 betrugen die Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur rund 186 Mio. Euro.
Utrecht ergreift erfolgreiche Maßnahmen
Umgesetzt wurden u. a. der Ausbau und die Ergänzung des Fahrradnetzes durch eigenständige Radwege, Fahrradstraßen, -brücken und -tunnel. Auch die Ampeln wurden fahrradfreundlicher geschaltet.
Zudem wurden die Fahrradabstellmöglichkeiten deutlich ausgebaut, beispielsweise an Bahnhöfen, um Pendler:innen vom privaten Pkw auf den Bahnverkehr umzulenken. Hohe Aufmerksamkeit erhielt etwa die Eröffnung des weltweit größten Fahrradparkhauses am Hauptbahnhof im Jahr 2019, dem wichtigsten Eisenbahn-Drehkreuz in den Niederlanden.
Vorrang für Rad- und Fußverkehr sowie Intermodalität
Utrecht kam seinem Ziel – dem Erreichen der Klimaziele und der Transformation zu einer lebenswerten Stadt – ein großes Stück näher, in dem es sich auf den Vorrang des Rad- und Fußverkehrs sowie der Intermodalität fokussierte.
Die Stadt zählte 2019 über 245 Kilometer geschützter Radwege, 90 Kilometer Radfahrstreifen und 18 Kilometer Fahrradstraßen. Rund 60 Prozent der Menschen nutzen das Fahrrad für die Fahrt ins Stadtzentrum. Knapp die Hälfte aller Strecken, die kürzer als 7,5 Kilometer sind, werden mit dem Rad zurückgelegt.
Ambitionierte Radverkehrsstrategie umgesetzt
Die Transformation Utrechts begann 2010 mit der Bildung einer neuen Koalition im Gemeinderat. Diese entwarf eine ambitionierte Radverkehrsstrategie innerhalb des Verkehrsentwicklungsplanes „Traffic Circulation Plan 2010-2015“ und dem darauffolgenden Strategiepapier „Utrecht attractive and accessible 2015-2020“.
Die Pläne zeigten die klare politische Linie und enthielten eindeutig definierte Ziele sowie Maßnahmen. Für die Umsetzung spielte politische Kontinuität eine wichtige Rolle.
Maßnahmen für den Netzausbau in Utrecht
Maßnahmen für den Netzausbau sind u. a. der Ausbau des Radverkehrsnetzes und der Fahrradparkplätze, das Errichten von Fahrradstraßen und der Grünen Welle für den Radverkehr sowie von regionalen Radverkehrsverbindungen.
Auf Verwaltungsebene begann ein Change-Management-Prozess, es gab Beteiligungsverfahren und mehr Kommunikation, Projekte wurden evaluiert und schließlich der Mobilitätsplan 2040 entwickelt, der bis 2040 eine Stadt der kurzen Wege – eine 10-Minuten-Stadt – vorsieht.
Die Elemente und Prozesse im Einzelnen analysiert das Utrecht-Kapitel in der Broschüre „InnoRADQuick - Schnell, innovativ und gut fürs Klima: So gelingt der fahrradfreundliche Umbau“. Sie geht auch auf weitere Städte und ihren Wandel ein und lässt sich in der blauen Servicebox herunterladen.
Das Projekt InnoRADQuick wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und dem Umweltbundesamt im Zuge der Verbändeförderung gefördert.